Die Bildgestaltung übernimmt Rainer Lipski”: So kann man es in der ARD-Ankündigung des „Tatort: Colonius” lesen. „Bildgestaltung” statt einfach nur „Kamera”, Lipski findet das gut. Schließlich besteht seine Arbeit als Kameramann längst nicht nur darin, die Kamera zu bedienen. Beispielsweise zeichnet er auch dafür verantwortlich, dass jede Szene ins richtige Licht gesetzt wird. „In Amerika spricht man von ,Director of photography’. Dem kommt der Begriff ,Bildgestaltung’ näher”, meint er.
Die vergangenen zwölf Jahre war Lipski vor allem in den USA tätig, hat darüber hinaus auch in anderen Ländern gedreht. Für den „Colonius”-Tatort arbeitete er zum ersten Mal wieder in Deutschland. Das Projekt hatte er sich mit Bedacht ausgesucht, schließlich ging es für ihn auch darum, sich auf dem deutschen und europäischen Markt zurückzumelden. „Ich hätte nicht irgendein Projekt angenommen, nur weil es in Deutschland stattfindet”, sagt er. Die große Reichweite des „Tatorts” sei ein Kriterium gewesen. Das Drehbuch, das er sich genau angeschaut hat, ein weiteres. Und damit immer noch nicht genug. „Ich habe mir einige Tatorte angeguckt oder durchgescrollt, um zu sehen, was da der Stand ist und was da möglich ist, auch was man mit dem Kölner Revier, das ja immer dasselbe ist, machen kann und was die Kollegen da so hinbekommen haben”, erzählt er.
Wenn ein Kameramann ein Buch lese, entstünden im Kopf automatische Bilder, erklärt Lipski. „Aber das ist keine freie Fantasie. Die Location ist ja gegeben, und mein Kopf übersetzt das Gelesene dann auf die Räumlichkeiten.” Im Falle des Kölner Fernsehturms Colonius, der seit 25 Jahren stillgelegt ist, bedeutete dies allerdings, erst einmal eine WDR-Dokumentation und Bildmaterial zu sichten, um das Potenzial des Projekts zu sehen.
Nicht minder wichtig: Das Gespräch mit Regisseurin Charlotte Rolfes. Je größer der gemeinsame Nenner ziwschen Regisseur und Kameramann, desto besser könne man sich beim Dreh gegenseitig die Bälle zuspielen, so Lipski. Spannend fand er auch, eine Techno-Party im höchsten Turm von Köln zu drehen. „Diese Kombination umzusetzten, ist cineastisch interessant.” Und wenn schon Colonius, denn schon: Welchen Kameramann würde es nicht reizen, in dieser Höhe Außenaufnahmen zu machen?
Das Ergebnis bezeichnet Lipski als Kombination aus Kammerspiel mit „tollen Schauspielern an Bord” und „einer ziemlich cineastischen Ebene, was im Kino noch einmal eine ganz eigene Wirkung hat”. Er weiß, wovon er spricht. Am 20. Oktober hatte „Tatort: Colonius” auf dem Film Festival Cologne in Anwesenheit der Crew seine erste Vorpremiere. Fazit: „Die Kinozuschauer in Köln waren begeistert.”
In Palma läuft „Tatort: Colonius” am 1. November um 20.15 Uhr in Originalversion mit englischen Untertiteln im Cineciutat. Anschließend wird es ein Gespräch mit Lipski, Regisseurin Rolfes und Produzent Jens Kruse geben. Karten für 8 Euro gibt es über www.evolutionfilmfestival.com . (mb)
Gerade erst ist die deutsche Schauspielerin Carmen Molinar von Dreharbeiten für die neue RTL-Krimireihe „Morden auf Öd” in ihre Wahlheimat Cala Rajada zurückgekehrt. Und erst vergangenen Montag konnte man sie als ehemalige Hamburger Kiezgröße in der 500. Folge der ARD-Serie „Großstadtrevier” sehen. Nur einen Tag später wurde sie beim New York City Films Infest zur besten balearischen Schauspielerin gekürt.
Ausgezeichnet wurde Molinar für ihre Rolle in dem Film „The Perfect Woman”, der vergangenes Jahr beim Evolution Mallorca International Film Festival Premiere hatte. Regie: Alisa Selishchava. Mit ihr leitete Molinar nun die Dreharbeiten für den Kurzfilm „A Bit of Fun”, der am Samstag, 2. November, bei Evolution Mallorca Premiere hat. Doch von wegen war doch nur „ein bisschen Spaß”. Was als Titel vermeintlich nett daherkommt, birgt ein ernstes Thema: Brutales Mobbing in der Kindheit und dessen Auswirkungen ins Erwachsenenleben.
Entstanden ist der Stoff in einer Masterclass, die Molinar geleitet hatte. In der Unterrichtseinheit „Kurzfilm statt Demoszene“ schrieb die Teilnehmerin Cosima Alexandra Ertl das Drehbuch, dessen Story auf wahren Begebenheiten beruht.
Beide Regisseurinnen hatten sich in ihren Aufgaben aufgeteilt. Selishchava war eher für den gesamten cineastischen Part verantwortlich, Molinar für das Storytelling und die Schauspielerführung. „Die große Herausforderung war die Rolle der von Katja Keßler gespielten Marion. Keßler, die ebenfalls schon von Mobbing betroffen war, sollte glaubwürdig und sogar mit Sympathie eine Frau spielen, deren Taten die Schauspielerin zutiefst verabscheut”, erzählt Molinar. „Ich glaube, das hat mich auch am meisten gereizt an dem Projekt: einer Kollegin zu helfen, die menschlich hässliche Rolle, die sie spielt, nicht zu verurteilen, denn das sollen die Zuschauer tun”, sagt die Co-Regisseurin. „Als unsere Testgucker sagten, wie sympathisch sie Marion fanden, bis ihre dunkle Seite zum Vorschein kam, wusste ich: Auftrag erfüllt.”
Für die heftigen Mobbing-Szenen setzte Molinar gegen alle anderen Vorschläge die auf Mallorca lebende Schauspielerin Ewa Watscharska und den Münchner Schauspieler Peter Kollmann durch. „Mir war von Anfang an klar, dass die beiden die perfekte Besetzung für diese so wichtigen Nebenrollen sind”, erzählt sie.
Davon kann sich das Publikum am 2. November ab 16 Uhr im Kurzfilmblock „Made in Baleares” überzeugen. Dort läuft der Film im Cineciutat in deutscher Originalversion mit spanischen Untertiteln. Tickets für 8 Euro gibt es bei www.evolutionfilmfestival.com oder bei www.cineciutat.org .
Direkt danach wird Molinar schon wieder als Schauspielerin vor der Kamera stehen: in Madrid für eine gigantische Netflix-Buchverfilmung, „La Sospecha de Sofía”. Und ab Sonntag, 10. November, kann man sie auf Amazon Prime in dem Film „German Cocaine Cowboy” als Anwältin sehen.